Theorien über die Identität der Dunkelgräfin

Es gibt mehrere Theorien in Bezug auf die Identität der Dunkelgräfin von Hildburghausen.

Theorie um Agnes Berthelmy


Brief der 
Agnes Berthelmy

Die erste Theorie über die Herkunft der Dame stammt aus dem Jahr 1845. Nach dem Tod van der Valcks fand man unter seinen Papieren 13 französische Briefe einer gewissen Agnes Berthelmy, geborene Daniels, die offensichtlich an ihn gerichtet waren. Aus den Briefen, die zwischen 1798 und 1799 geschrieben wurden, ging hervor, dass beide in früherer Zeit miteinander liiert waren. Schnell war man überzeugt, den Grund für das zurückgezogene Leben des Paares gefunden zu haben: Agnes Berthelmy habe sich von ihrem Mann getrennt und es vorgezogen, zukünftig mit Leonardus Cornelius van der Valck zu leben. Um den Verfolgungen des Gatten, des französischen Generals Etienne-Ambroise Berthelmy, zu entgehen, haben sie sich gemeinsam auf die Flucht begeben und schließlich in Hildburghausen und Eishausen unerkannt ihr Leben verbracht.

Bereits 1886 wurde jedoch nachgewiesen, dass Agnes Berthelmy nie für längere Zeit von ihrer Tochter getrennt lebte. Anfang des 20. Jahrhunderts ergaben Archivrecherchen, dass sie bereits am 28. Februar 1827 in Winnweiler in der Pfalz gestorben ist. Sie kann daher nicht die Dunkelgräfin gewesen sein. Die Theorie gilt als widerlegt.

Theorie um Madame Royale


Madame Royale

Ausgehend von einer Vermutung aus dem Jahr 1852 wurde 160 Jahre lang angenommen, bei der Dunkelgräfin könnte es sich um Marie Thérèse Charlotte von Frankreich, eine Tochter von Ludwig XVI. und Marie Antoinette, genannt Madame Royale, gehandelt haben. Diese soll im Jahr 1795 nach ihrer Gefangenschaft im Pariser Gefängnis "Temple" heimlich durch eine andere Person ersetzt worden sein. Während die falsche Prinzessin als Herzogin von Angoulême in die Geschichte einging, soll die echte Königstochter in Hildburghausen und Eishausen versteckt worden sein. Die Theorie wurde im Jahr 2014 durch ein Wissenschaftsprojekt des Mitteldeutschen Rundfunks widerlegt

Theorie um Sophie(a) Botta


Grab 
der Dunkelgräfin

Als die Dunkelgräfin 1837 starb, wurde van der Valck von den Behörden aufgefordert, nähere Angaben über die Verstorbene zu machen. Nach einigem Zögern gab er an: Name: Sophie(a) Botta. Stand: bürgerlich. Geburtsort: Westfalen. Wohnort: Eishausen. Alter: 58 Jahre. Ledig oder verheiratet: ledig. Zeit des Ablebens: den 25. November 1837. Als die Angaben 1845 nach dem Tod van der Valcks bekannt wurden, schenkte man diesen keinen Glauben. Man ging davon aus, dass der Name frei erfunden sei, da man eine Familie Botta in Westfalen nicht finden konnte. 

Allerdings unterzeichnete die Dame einen Brief an van der Valck (den so genannten Geburtstagsbrief vom 22. September 1808) tatsächlich mit Sophie bzw. Sophia. Zudem konnten mittlerweile mehrere historische Personen mit dem Namen Botta gefunden werden. So ergab etwa eine Auswertung historischer Zeitungen aus Hildburghausen, dass sich zwischen 1793 und 1805 einmal ein Kaufmann mit dem Namen Botta in Hildburghausen aufgehalten hat. Wie angegeben wurde, stammte Botta aus Minden, einer Stadt in Westfalen. Weitere Details über den Kaufmann Botta konnten bislang nicht ermittelt werden. Möglicherweise existieren Verbindungen zwischen dem Kaufmann Botta und der Dunkelgräfin, in der möglicherweise tatsächlich eine bürgerliche Frau namens Sophie(a) Botta zu sehen ist.

Krankheitsbedingtes Verhalten

Das seltsame Verhalten der Dunkelgräfin war möglicherweise auf eine geistige oder körperliche Krankheit zurückzuführen. Aufgrund einer angeborenen psychischen Unzulänglichkeit oder aufgrund einer Sozialphobie, die durch traumatisierende Erlebnisse ausgelöst wurde, könnte sie von der Außenwelt abgeschirmt worden sein oder von sich aus alle menschlichen Kontakte vermieden haben. Ihre Verschleierung könnte aber auch mit einer physischen Krankheit, etwa der durch ein Wissenschaftsprojekt nachgewiesenen schlechten Zahngesundheit, in Zusammenhang stehen.

Theorie um Friedrich Wilhelm von Preußen und Wilhelmine Enke


Wilhelmine Enke

Nach einer von Jutta Glockauer im Jahr 2010 veröffentlichten Theorie könnte die Dunkelgräfin eine illegitime Tochter des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen (dem späteren König Wilhelm II.) und seiner Mätresse Wilhelmine Enke (der späteren Gräfin Lichtenau) gewesen sein. 

Die um 1771 geborene Tochter sei in jungen Jahren nach Holland verheiratet worden. Ihr Gemahl habe sich aber bald von ihr getrennt, woraufhin sie sich auf eine Reise nach Spanien begab, auf der sie den ehemaligen Schweizer Garderekrut (Squarre) traf. Dieser habe Kontakt mit seinem alten Bekannten aus der Pariser Revolutionszeit, Leonardus Cornelius van der Valck, aufgenommen und zu dritt seien sie nach Ingelfingen und anschließend durch Vermittlung der Königin Luise von Preußen nach Hildburghausen gekommen. Sie lebten dort zurückgezogen, um den Nachstellungen des Ehemanns zu entgehen.

Weitere Details zu dieser Theorie unter Glockauer (2010).

Theorie um Sophie von Botta und Joseph II.



Joseph II. 
von Österreich

Aus Memoiren der Baronin Oberkirch wurde die Annahme abgeleitet, bei der Dunkelgräfin könnte es sich in Wirklichkeit um Sophie von Botta gehandelt haben, einer illegitimen Tochter des österreichischen Kaisers Joseph II.

Der Kaiser soll in seinen jungen Jahren auf Schloss Schönbrunn eine Liebschaft mit einer gewissen Wilhelmine von Botta begonnen haben, aus der eine Tochter hervorging. Diese soll nach dem Tod ihrer Mutter am Versailler Hof bei Marie Antoinette, der Schwester Josephs, aufgewachsen sein und zufällig eine große Ähnlichkeit mit der französischen Königin gehabt haben. Im Zuge der Revolution sei sie schließlich nach Hildburghausen bzw. Eishausen gekommen und dort 1837 als Sophie(a) Botta gestorben.

Theorie um Cécile Renault

Nach einer weiteren Theorie, die vor allem auf Familienüberlieferungen beruht, soll es sich bei der Dunkelgräfin von Hildburghausen um Cécile Renault gehandelt haben.

Madame Royale soll 1794 aus dem Temple befreit worden sein und sollte ursprünglich durch eine gewisse Cécile Renault ersetzt werden. Da sie sich jedoch als Ersatzperson ungeeignet erwies, wurde Ernestine Lambriquet ausgewählt, die schließlich die Rolle der ausgetauschten Madame Royale übernahm. Cécile Renault wurde mit Hilfe der holländischen Gesandtschaft in Paris nach Hildburghausen bzw. Eishausen gebracht, wo sie 1837 starb und später unter dem Namen Dunkelgräfin bekannt wurde.

Die echte Madame Royale soll nach ihrer Flucht aus dem Temple und der Vertauschung über Württemberg nach Russland geflohen sein. Auf dem Weg dorthin soll sie am 16. November 1800 in Westpreußen bei der Geburt ihres Kindes verstorben sein.

 


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